Radiochirurgie mit einem Linearbeschleuniger (LINAC-RS)

Die Radiochirurgie ist ein stereotaktisch geführtes, minimal-invasives Verfahren zur Behandlung von intrakraniellen Gefäßmissbildungen, gutartigen Hirntumoren und Hirnmetastasen. Das radiochirurgische Verfahren kann sowohl mit dem Linearbeschleuniger (LINAC-Radiochirurgie) als auch mit dem Kobaltgerät (Gamma-Knife-Radiochirurgie) durchgeführt werden. In unserer Klinik führen wir – gemeinsam mit der Klinik für Strahlentherapie – die Radiochirurgie an einem modernen Linearbeschleuniger durch.

Folgende Erkrankungen werden in unserer Klinik radiochirurgisch behandelt:

  • Arteriovenöse Malformation (AVM)

  • Kavernom

  • Akustikusneurinom (Schwannome)

  • Hypophysenadenom

  • Meningeom

  • Glomus jugulare Tumoren

  • Kraniopharyngeom (solider Tumoranteil)

  • einzelne wie auch mehrere Hirnmetastasen

  • Seltenere Tumoren wie Hämangioblastom, Hämangioperizytom, Trigeminus-Neurinom und Schädelbasis-Metastasen

Behandlungsablauf

Die radiochirurgische Behandlung kann sowohl in örtlicher Betäubung wie auch in Vollnarkose durchgeführt werden.

Zunächst wird als Halterung für verschiedene Zielapparaturen ein Ring aus Metall oder Keramik mit vier spitzen Stiften, die entweder aus Kohlefaser oder aus Kunststoff gefertigt sind, am Schädelknochen befestigt.

Danach werden intraoperativ eine computertomographische (CT) Untersuchung mit Kontrastmittel und bei AVMs eine Angiographie (Kontrastmittel-Darstellung der Blutgefäße) durchgeführt.

Anschließend werden mit Hilfe eines Computers die bereits vor der Operation angefertigten kernspintomographischen Bilder (Planungs-MRT) mit den Bildern der stereotaktischen CT (und Angiographie) zusammengeführt (image fusion). Am Bildschirm werden die Grenzen der Gefäßmissbildung bzw. des Tumors (Zielvolumen) und der Risikoorgane definiert sowie Höhe und Verteilung der Strahlendosis festgelegt. Danach werden die Zielpunkte für die einzelnen Bestrahlungsfelder berechnet. Nach den Berechnungen erfolgt in der Klinik für Strahlentherapie die radiochirurgische Behandlung.

Nach Abschluss der radiochirurgischen Behandlung wird der stereotaktische Ring entfernt und die kleinen lokalen Wunden am Kopf verbunden.

Mögliche Komplikationen und Risiken

Mit der radiochirurgischen Behandlung wird auf das Zielvolumen eine sehr hohe Strahlendosis appliziert. Durch die Verbindung der Hochpräzisionsbestrahlung mit der exakten Berechnung am Computerbildschirm ist es möglich, die Strahlendosis im gesunden Gewebe soweit zu reduzieren, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen keine Nebenwirkungen auftreten.

Trotzdem kann es theoretisch noch Wochen bis Monate nach LINAC-RS durch eine Schwellungsreaktion (Ödem) des Gehirns zu neurologischen Symptomen kommen, die in Abhängigkeit von der Lage der Gefäßmalformation bzw. des Tumors sehr unterschiedlich sein können. Diese sind jedoch nach den eigenen Daten gering. Das Risiko für eine symptomatische Schwellungsreaktion beträgt 3 Prozent nach Radiochirurgie eines AVM`s und unter 2 Prozent nach Radiochirurgie von Hirntumoren.

Arterio-Venöse Malformation (AVM)

Die Arterio-Venöse Malformation (=AVM) im Gehirn lässt sich mit Hilfe eines strahlenchirurgischen Verfahrens sehr gut behandeln. Diese Methode führt allerdings nicht unmittelbar zum Verschluss der Gefäßmalformation, sondern die einmalig gegebene, hohe Strahlendosis bewirkt zunächst eine lokale Entzündungsreaktion. Erst durch diese Entzündung kommt es zu dem erwünschten Verschluss von krankhaft veränderten Blutgefäßen. Ein Behandlungserfolg ist somit im Regefall erst 1,5 bis 3 Jahre nach Radiochirurgie zu erwarten.

Nach den eigenen Daten haben etwa 79 Prozent der Patienten innerhalb der ersten 3 Jahre einen Verschluss der AVM, wobei die kleinen AVMs eine deutlich höhere Verschlussrate von über 88 Prozent aufweisen. In diesem Zeitraum besteht dasselbe Blutungsrisiko wie vor der Behandlung. Das heißt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Blutung im Zeitraum zwischen LINAC-RS und vollständigem Verschluss der AVM etwa 4 bis 6 Prozent pro Jahr während der ersten 3 Jahre nach der Blutung beträgt, wenn bereits eine Blutung stattgefunden hat, und etwa 2 bis 4 Prozent pro Jahr, wenn noch keine Blutung aufgetreten war.

Fallbeispiel

Oblitierte (= verschlossene) AVM im Bereich des Vorderhirns

Hirntumore und Hirnmetastasen

Das Auftreten von Komplikationen nach LINAC-RS eines Hirntumors oder einer Hirnmetastase hängt wesentlich von der Strahlendosis ab, die zur Behandlung des Tumors gegeben werden muss. Dies hat zur Folge, dass wir seit der konsequenten Beachtung eines Risikovorhersagemodells diese Komplikation bei der Behandlung von so genannten gutartigen Tumoren nicht mehr gesehen haben. Zur Behandlung von bösartigen Tumoren wie zum Beispiel Hirnmetastasen ist eine höhere Strahlendosis erforderlich, so dass hier eine Wahrscheinlichkeit von etwa 6 Prozent besteht, dass sich eine so genannte Radionekrose ausbildet.

Fallbeispiele

Seit Februar 2001 wird in unserer Klinik der computergesteuerte Mikro-Multileaf-Kollimator (40 Lamellenpaare, 1,1 mm Lamellendicke, 68 mm x 74 mm max. Feldgröße) routinemäßig in der Radiochirurgie (MLC-LINAC-RS) eingesetzt. Mit dieser modernen Technik wird eine dynamische Anpassung der Feldform an die Zielvolumenkontur möglich. Dadurch können noch komplexere und größere Tumore und AVMs sicherer behandelt werden.